EXPERTIN KLÄRT AUF
Angefahrene Katzen bleiben am Strassenrand liegen – eine Expertin erklärt, wie man im Notfall handeln muss
Auszug aus dem Artikel:
«Wer eine Katze anfährt oder ein angefahrenes Tier entdeckt, soll auf jeden Fall anhalten», sagt sie. Und fügt mit Nachdruck an: «Einfach weiterfahren geht gar nicht.»
Zum einen, weil Fahrerflucht eben strafbar sei. Zum anderen, weil es «moralisch absolut verwerflich» sei, das verletzte Tier so kläglich liegenzulassen.
Zuerst gilt es also, das Fahrzeug abzustellen, den Warnblinker einzuschalten und das Pannendreieck aufzustellen. Anschliessend soll man sich dem Tier vorsichtig nähern und schnellstmöglich die Polizei verständigen – unabhängig davon, ob es noch lebt oder bereits tot ist. Diese könne entweder weitere Anweisungen geben, wie man sich verhalten soll, oder den nächsten Tierarzt verständigen. Wer sich gut mit Tieren auskenne und es sich zutraue, könne das Büsi auch selbst zum nächsten Tierarzt fahren.
Polizei wie auch Tierärzte können anschliessend möglicherweise ermitteln, wem die Katze gehört. «Heutzutage sind nämlich viele Katzen mit einem reiskorngrossen Chip versehen», sagt Becker. Dieser hat eine Nummer, die auf der Datenbank für Heimtiere Anis mit dem Besitzer verknüpft ist. Mittels eines speziellen Lesegeräts kann die Nummer des Chips abgelesen und das Büsi seinem Besitzer zugeordnet werden.
Kann der Besitzer ausfindig gemacht werden, werden ihm die Kosten für die Behandlungen verrechnet. Gemäss der Tierschutzverordnung ist ein Halter dazu verpflichtet, sein krankes oder verletztes Haustier unverzüglich behandeln zu lassen. Die Kosten für diese Behandlungen können im schlimmsten Fall – etwa wenn das verletzte Tier operiert werden muss – schnell mehrere Tausend Franken betragen. Eine spezielle Tierversicherung kann jedoch helfen, diese Kosten zu tragen.
Kann kein Tierhalter ausfindig gemacht werden, zahlt in der Regel der Auftraggeber. Also die Person, welche die Katze zum Tierarzt bringt. Selbst wenn sie den Unfall nicht selber verursacht hat. Verweigert der Überbringer die Kostenübernahme, greift eventuell die Grundversorgung, zu der sich ein Tierarzt verpflichtet hat.
Schliesslich ist jeder Tierarzt beziehungsweise jede Tierärztin aus berufsethischen Gründen verpflichtet, einem Findeltier erste Hilfe zu leisten oder es nötigenfalls einzuschläfern – unabhängig davon, ob eine Aussicht auf Honorierung besteht.
Für Becker ist der Fall klar: «Die Angst vor drohenden Tierarztkosten darf letztlich kein Grund sein, einer Katze die Hilfe zu verweigern.»
Sie verstehe auch, dass es für viele emotional herausfordernd sei, sich um ein verletztes Tier zu kümmern oder ein totes Tier zu sehen. Trotzdem: «Einfach weiterfahren geht gar nicht!» Wieder sagt Becker dies mit Nachdruck.
21. Juni 2022